Freitag, 7. August 2009

Neuland am Pik Lenin (Tommy Dätwyler)

Es ist 7 Uhr - in der Schweiz noch 3 Uhr in der Nacht. Mit Ausnahme des Technischen Expeditionsleiters Kari Kobler, der bereis vor drei Wochen auf dem Gipfel des Pik Lenin gestanden hat - werden heute alle Expeditionsteilnehmer "persönliches Neuland" betreten. Im Lager 2 starten in diesen Minuten die Testpersonen auf 5300 m ihre zweitletzte Etappe Richtung Gipfel: Zwischen 13.00 und 14.00 Uhr werden sie das Lager 3 auf 6100 m erreichen und dort noch einmal medizinisch untersucht. Ebenfalls heute werden Expeditionsleiter Urs Hefti, Bergführer Claude Raillard und Matthias Gutmann vom Lager 3 aus einen Gipfelversuch starten. Sie haben vorgängig im Lager 3 die Forschung vorbereitet. Ihr heutiges Motto ist unmissverständlich: Wenns klappt: wunderbar. Falls es nicht klappt - dann ist das nicht weiter tragisch. "Kein Risiko - Das Leben ist zu schön um etwas zu riskieren das schwerwiegende Folgen haben könnte."

Ich schreibe diese Zeilen mit klammen Fingern und kalten Füssen im Lager 1. Ich habe mich bereits vorgestern entschieden, kein zweites Mal ins Lager 2 hochzusteigen und auf einen Gipfelversuch zu verzichten. Ich weiss, dass ich weiter oben - dort wo die Luft noch dünner, die Konzentration noch schwieriger, die Reduktion auf das Wesentliche noch wichtiger, das Erlebnis mit sich selbst und der Natur noch grösser und die Überwindungskraft noch wichtiger ist, dass ich dort nicht alles unter einen Hut - oder besser unter eine Kappe - gebracht hätte. Ich musste mich entscheiden: Berichterstattung oder Gipfelversuch. Mit der Einsicht, die Ausgangslage in einer "Projekt- Euphorie" unterschätzt zu haben, hatte ich irgendwie keine andere Wahl. So freue ich mich nun auf Neuigkeiten von weiter oben. Auf Funksprüche über Sorgen, Nöte und Freuden, über Juchzer von zufriedenen Berggängern und kaum zu verbergenden Enttäuschungen.

Beides hat seine Berechtigung - und beides spüre ich selber seit zwei Tagen auch. Vor ein paar Tagen habe ich vom Entweder-oder-Land geschrieben. Heute ists ein "Sowohl-als-auch-Land".
Ich berichte gerne über das was in den nächsten Stunden und Tagen hier erlebt wird!
Wenn nicht aus erster, dann halt aus zweiter Hand. Mein Trost im
Moment: Das Interesse vieler Zuhörerinnen und Zuhörer, vieler Web- Besucherinnen und Web-Besucher, vieler Leserinnen und Leser.
Tommy Dätwyler

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen